Am 23. Februar wählen die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land den 21. Deutschen Bundestag. Die Vorzeichen dieser Wahl unterscheiden sich deutlich von der vorigen im September 2021. Die geopolitische Ordnung ist in einem fundamentalen Umbruch, harte Kontroversen bestimmen die gesellschaftliche Debatte, die bisherige Koalition zerbrach vorzeitig.
Auch wenn die Themen von Klimaschutz und Energiewende bei den Wahl-Präferenzen weniger im Zentrum stehen, ändert dies nichts an der Dringlichkeit und der Dimension der damit verbundenen Aufgaben.
Wir haben für die aus dena-Sicht entscheidenden Handlungsfelder 12 Leitplankenerarbeitet, um Klimaneutralität in Deutschland zu einer Erfolgsgeschichte zu machen:
Finanzierung der Transformation
Die Schlüsselrolle der Kommunen
Stromnetze: Ausbau, Finanzierung und Sicherheit
Infrastrukturen für Wasserstoff und CO2
Wärmenetze: Finanzierung und kommunale Teilhabe
Digitalisierung der Energiewirtschaft
Multimodale Verkehrsinfrastruktur
Energiewirtschaft und Erzeugung
Gebäude: Effizienz durch Sanierung
Innovationen und Start-ups
Transformation der Industrie
Nachhaltiges Mobilitätssystem
Welche Leitprinzipien uns auf Kurs Klimaneutralität halten
Um die komplexen Herausforderungen zu meistern, ist ein partei- und institutionenübergreifendes Zielbild zur Klimaneutralität nötig. Das bedeutet auch, keine Kraft auf lähmende Zieldebatten zu verschwenden. Klimaneutralität 2045 ist gesetzt und die gemeinsame Anstrengung auf eine stringente Steuerung und Umsetzung gerichtet. Gerade hier ist Mut zu neuen Wegen und Bereitschaft zu Veränderungen gefragt. Die wachsende Komplexität der Aufgaben machen auch eine zentralere Steuerung und Koordinierung in der Bundesregierung erforderlich, etwa durch eine Wiederaufnahme des Klimakabinetts, sowie eine intensivere Abstimmung wie effiziente Aufgabenteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen.
Vor allem die verschiedenen Instrumente gilt es, zielgruppenschärfer und sozial ausgewogen weiterzuentwickeln. Verbunden mit einer über einzelne Regierungsperioden hinausgehenden stabilen Finanzierung der flankierenden Förderprogramme schafft dies die nötige Planungssicherheit, stößt private Investitionen an und erhöht die Akzeptanz der Transformation.
Die bislang nicht gelöste Aufgabe einer dauerhaften Finanzierung der Transformation – sei es über eine Anpassung der Schuldenbremse, ein Sondervermögen oder ein ausreichend mit Mitteln ausgestatteter Energiewendefonds – braucht deshalb zügig eine Richtungsentscheidung.
Welche Instrumente wir brauchen
Wir brauchen eine wirksame, effiziente und von der Gesellschaft getragene Energiewende. Dafür braucht es kein “entweder oder” bei Staat und Markt. Es braucht beides: einen Staat, der klare Leitplanken setzt und unterstützt, sowie einen Markt, der Innovationen hervorbringt und Wettbewerbseffizienz nutzt. Der Schlüssel liegt in der richtigen Balance zwischen politischer Steuerung und Freiraum für Marktakteure, für den Wettbewerb um die besten Lösungen. Gleichzeitig gilt natürlich: Es gibt keine One-Size-fits-all Lösung, sondern es braucht je nach Sektor und Ausgangslage ausbalancierte Lösungen.
Ein zentrales Leitinstrument, in dem die beiden Ebenen zusammenspielen, ist der CO2-Preis. Der Staat gibt Regeln und Ziele vor, das mobilisiert privates Kapital und lenkt Investitionen im Markt. Seine volle Wirkung kann der CO2-Preis dann entfalten, wenn seine Rolle langfristig und verlässlich definiert ist, inklusive eines Fahrplans, möglichst alle klimaschädlichen Emissionen in das System aufzunehmen. Gleichzeitig ist es Aufgabe des Staates, mit dem wachsenden Preisniveau entstehende soziale Härten frühzeitig zu erkennen und abzufedern.
Ein weiteres Beispiel für ein Zusammenspiel von Markt und Staat ist das Gebäudeenergiegesetz (GEG) zusammen mit der Bundesförderung Energieeffiziente Gebäude (BEG). Die Kombination aus einem rechtlichen Rahmen und flankierender Förderung öffnet einen breiten Raum für marktliche Angebote. Der Staat gibt Orientierung für den Markt, mit welchen Standards und technischen Lösungen zukünftig gebaut werden kann.
Die regulatorischen Leitplanken bis hin zum Ordnungsrecht, die staatliche Förderung von Markthochläufen neuer Technologien wie der notwendigen Infrastruktur und die soziale Ausbalancierung von Belastungen bleiben eine zentrale öffentliche Aufgabe. Was wiederum handlungsfähige staatliche Akteure voraussetzt, die über ausreichend Personal und finanzielle Mittel verfügen.
Es ist nur konsequent, wenn die öffentliche Hand mit gutem Beispiel vorangeht und zum Nachahmen anregt. Bislang wird diese Vorbildfunktion allerdings zu wenig gelebt. Zwar ist die Zielstellung in zahlreichen Gesetzesvorhaben mit entsprechenden Aufgaben formuliert, aber die für eine erfolgreiche Umsetzung erforderliche Motivation, Information und Unterstützung der öffentlichen Stellen bleiben aus. Es fehlt insbesondere die Kommunikation zu konkreten Maßnahmen und Best Practice.
Gerade in den Kommunen hat diese Vorbildrolle hohe Relevanz. Dort ist Staat unmittelbar zu erleben. Die klimaneutrale Sanierung einer Schule, neue Verkehrsangebote, die Inbetriebnahme einer Wärmepumpe oder einer Solaranlage sind beispielsweise Anlässe, um die Relevanz solcher Maßnahmen nicht nur für den Klimaschutz, sondern für die Wertschöpfung vor Ort zu verdeutlichen.
Die Vorbildfunktion in die Breite zu tragen, kann der Bund nicht allein. Dafür braucht es eine enge Zusammenarbeit mit Bundesländern und Kommunen. Mit den bereits vorhandenen regionalen Netzwerken, wie zum Beispiel den Energie- und Klimaschutzagenturen oder IHKs, gibt es einen breiten Akteurskreis, der mitwirken kann. Die Bundesregierung sollte diese lokal verankerten Strukturen stärken.
Energieeffizienz ist der Langläufer für Klimaschutz und Energiewende – manchmal mühsam, aber unverzichtbar für einen gesamtsystemisch effizienten Weg zur Klimaneutralität. Hier gilt es, nicht an Dynamik zu verlieren, sondern konsequent weiter zu laufen. Bislang ungenutzte Einsparpotenziale in der Industrie, bei Gewerbe- und Dienstleistungsbetrieben, insbesondere bei Anlagen oder Prozessen wie etwa der Prozesswärme, gilt es konsequenter zu nutzen. Eine einfache und zugleich wirkungsvolle Maßnahme sind etwa Energieeffizienz- und Klimaschutz-Netzwerke. In den vergangenen zehn Jahren haben mehr als 350 Unternehmens-Netzwerke und über 100 kommunale Netzwerke allein durch Erfahrungsaustausch und eine fünfstellige Zahl an Energieeffizienzmaßnahmen viele Terawattstunden an Energieeinsparung erreicht.
Ein weitere, sehr wirksame Maßnahme ist die geförderte Energieberatung. Im Gebäudebereich wird es ganz wesentlich auf eine Bedarfsreduzierung durch Effizienzmaßnahmen ankommen. Lassen sich diese Potenziale heben, hat das direkte Auswirkungen auf Versorgungssicherheit, Energiekosten und die Dimensionierung von Infrastrukturausbau.
Die Digitalisierung ist das Rückgrat der Energiewende. Hier gab es in der vorigen Legislatur wichtige Weichenstellungen bei Smart Metern oder der Steuerung von Erzeugern und Verbrauchern. Was weiter fehlt, ist ein richtungweisendes Zielbild für das Gesamtsystem. Zentraler Bestandteil ist dabei, wie der Datenfluss zwischen den Sektoren und ihren jeweiligen Akteuren in einem dezentralen Energiesystem funktionieren kann. Werden die Grundsätze der Digitalisierung in die Transformationsprozesse integriert – Interoperabilität, Datenorientierung, Automatisierung und Sicherheit – bringt das merkliche Kostenvorteile.
Die vergangene Legislatur hat auch gezeigt: Die Transformation kann für alle spürbar werden – in der Wirtschaft wie im eigenen Zuhause oder im direkten Umfeld. Dafür stehen beispielhaft die Auseinandersetzungen um das Heizungsgesetz.
Eine Konsequenz daraus ist, dass wir uns intensiver mit den realen Belastungen, mit Hemmnissen, Vorbehalten wie Wünschen in der Breite der Gesellschaft beschäftigen müssen. Sonst laufen wir Gefahr, die weiterhin breite Akzeptanz für Energiewende und Klimaschutz zu gefährden.
Kommunikation ist zentral – fundiert, zielgerichtet, auf Augenhöhe und mit konsequenter Einbindung der Akteurinnen und Akteure vor Ort. Das haben wir bei der bundesweiten Aktion zur Woche der Wärmepumpe erlebt, die von mehr als 30 regionalen Partnern getragen war. Gemeinsam konnten wir mehrere Zehntausend Menschen direkt zur Umstellung ihres Heizsystems auf erneuerbare Energien informieren. Lokale und Landes-Energieagenturen spielten dabei eine zentrale Rolle.
Zweiter zentraler Aspekt: stärkere Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern auf verschiedenen Ebenen. Eine Maßnahme wäre eine bundesweite Regelung zur finanziellen Beteiligung von Akteurinnen und Akteuren an lokalen Energiewende-Projekten. Eine weitere Vereinfachung von Mieterstromprojekten, dem Energy Sharing oder dem Direktbezug vor Ort kann ebenso wertvolle Einbindung erreichen.
Dritter Aspekt: sozial gestaffelte und gezielte Unterstützung finanziell schwächerer Haushalte. Mit einem sozial ausgestalteten Klimageld lassen sich Menschen unterstützen, die durch hohe CO₂-Preise überproportional stark belastet sind. Jegliche Förderung in Form von direkten Zuschüssen für Bürgerinnen und Bürger sollte zielgerichtet, nach sozialen Kriterien degressiv gestaltet und in ausreichender Höhe verlässlich zur Verfügung stehen.
12 Leitplanken für die nächste Legislatur
Die aus unserer Sicht entscheidenden Handlungsfelder, um Klimaneutralität in Deutschland zu einer Erfolgsgeschichte zu machen, haben wir in 12 Leitplanken skizziert. Sie beschreiben zentrale Aufgaben für eine solide Basis, die künftige Infrastruktur und eine rasche Skalierung. Was es dafür braucht, sind politischer Wille, Innovationskraft, Entschlossenheit bei der Umsetzung und Geschlossenheit mit Blick auf das Ziel. Die dena steht mit Expertise und Engagement bereit, eine große Bandbreite dieser Aufgaben mitzugestalten.