Digitalisierung mit Wirkung: Mit klarer Struktur zu mehr Tempo
Für bessere Datennutzung braucht es klare Zielbilder, Kooperationen und den Mut zur Entscheidung
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Philipp Richard leitet den Bereich Digitale Technologien & Start-up-Ökosystem bei der dena, in dem auch das Future Energy Lab angesiedelt ist. Dort entwickelt er innovative Projekte und Konzepte, um modernste Technologien in das Energiesystem zu integrieren und so die Energiewende voranzutreiben. Er studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der TU Berlin.
Die Digitalisierung ist eine zentrale Zukunftsfrage. Daten bilden die Grundlage für Innovation, neue Geschäftsmodelle, effizientere Prozesse, gesellschaftlichen Fortschritt und nachhaltige Lösungen. Die Transformation gelingt nur im Zusammenspiel von Politik, Wirtschaft, Forschung und Zivilgesellschaft.
Im Energiesystem etwa kann der Einsatz digitaler Technologien den Netzausbaubedarf dank intelligenter Flexibilitätsnutzung um bis zu 30 % senken – was bei Stromverteilnetzen bis zu 100 Mrd. € entspricht (vgl. Monitoringbericht zur Energiewende). Digitale Lösungen reduzieren die Kosten und beschleunigen zugleich den Ausbau erneuerbarer Energien.
Trotz solcher Chancen ist akteursübergreifende Datennutzung kein Alltag und viele Daten bleiben wenig genutzt. Ineffiziente Prozesse, fehlende Standards und geringe Interoperabilität bremsen den Informationsfluss. Ohne klare Strukturen und koordinierte Maßnahmen droht Deutschland im globalen Technologiewettlauf zurückzufallen.
Digitale öffentliche Infrastruktur als Grundlage
Es braucht eine digitale öffentliche Infrastruktur, die sicheren und vor allem auch souveränen Datenaustausch ermöglicht. Gerade im komplexen Akteursgefüge der Energiebranche ist ihr Aufbau entscheidend, aber zugleich eine anspruchsvolle Koordinationsaufgabe.
Das Impulspapier des Energie-Board nennt zentrale Hebel auf dem Weg dorthin:
Gemeinsame Zielbilder und eine neue Prozess-Governance
Digitale Zielbilder geben Digitalvorhaben eine klare Orientierung, lenken Investitionen und steuern die Modernisierung kritischer Infrastrukturen wirksam. Um diese Zielbilder zu entwickeln, braucht es ein moderierendes, bewertendes und übersetzendes Bindeglied zwischen bestehenden Institutionen und Akteuren.
Hohe Datenqualität und belastbare Prozess-Governance bilden das Fundament, auf dem datengetriebene Technologien wie KI effektiv eingesetzt werden können. Hier liegt der Schlüssel und Akteure müssen gezielt dabei unterstützt werden, dieses Fundament aufzubauen und für Innovationen nutzbar zu machen.
Synergien nutzen und Konflikte moderieren
Sektorübergreifendes Lernen und die Nutzung von Synergien sind entscheidend, um Wissen systematisch zu skalieren. Ein Umsetzungshelfer für die digitale Transformation schafft dafür effiziente Entscheidungs- und Vernetzungsstrukturen.
Damit alle Akteure an einem Strang ziehen und Umsetzungshindernisse reduziert werden, müssen Interessenskonflikte zwischen den Akteuren, einschließlich Regulierung und Politik, frühzeitig moderiert werden. So entstehen praxisnahe, tragfähige und regulatorisch konsistente Lösungen.
Vertrauensvolle Datennutzung ist entscheidend für die gesellschaftliche Akzeptanz der Digitalisierung. Transparenz und Verantwortungsbewusstsein müssen gestärkt werden, damit datengetriebene Technologien nachhaltig und sicher eingesetzt werden.
Kräfte bündeln durch ein klares Mandat
Kein Akteur kann diese Hebel allein bewegen. Damit Entscheidungen akzeptiert und Maßnahmen zur Verbesserung des Datenaustauschs daraufhin wirksam umgesetzt werden, braucht es Legitimation von übergeordneter Ebene. Nur so lassen sich Aktivitäten koordinieren, Verantwortlichkeiten klären und sektorübergreifendes Handeln effizient gestalten.
Der Use Case Energie untersucht systematisch, welche Hürden die Datennutzung in der Energiebranche bremsen und testet neue Wege des akteursübergreifenden Datenaustauschs. Das Energie-Board vereint Expertinnen und Experten aus Digital- und Energieverbänden, Forschung sowie zivilgesellschaftlichen Organisationen.