Zum Hauptinhalt springen
26.09.25 Gebäude Gesetzlicher Rahmen Gebäude & Räume umbauen

Warum der U-Wert mehr ist als nur ein Rechenwert

Marco Heymann (Experte Energieeffizienz & Gebäudestandards bei der dena) erläutert, welche Rolle der U-Wert für effiziente Gebäude, Förderfähigkeit und Klimaneutralität spielt

Marco Heymann
Marco Heymann, Experte Energieeffizienz & Gebäudestandards

Zum Autor

Marco Heymann absolvierte sein Studium des Bauingenieurwesens an der Universität Stuttgart. Nach Stationen am Institut für Akustik und Bauphysik (Universität Stuttgart) und dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) arbeitet er seit 2023 bei der dena. Er beschäftigt sich insbesondere mit klimaneutralen und energieeffizienten Gebäuden sowie mit der Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) und der Weiterentwicklung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG). 

Was ist der U-Wert?

Seit Jahrzehnten ist der Wärmedurchgangskoeffizient – kurz U-Wert – fester Bestandteil der bauphysikalischen Planung. Er beschreibt, wie viel Wärme durch ein Bauteil entweicht. Ein niedriger U-Wert zeigt an, dass ein Bauteil gut gedämmt ist und wenig Wärme verliert. Das führt zu einem geringeren Heizbedarf und senkt die Energiekosten. Als rechnerische Größe bildet er die Grundlage für energetische Nachweise und Förderkriterien.

Der U-Wert entscheidet auch mit darüber

  • wie effizient Heizsysteme arbeiten, 
  • ob Fördervoraussetzungen erfüllt werden und 
  • wie Gebäude langfristig zu Klimazielen beitragen können. 

Auch durch die Novellierung der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) und die Umsetzung in nationales Recht wird der U-Wert weiterhin ein wichtiger Kennwert in künftigen Bau- und Sanierungsvorhaben bleiben. 

U-Wert nach DIN 6946 und Realität

Die Berechnung des U-Werts ist in Normen wie der DIN EN ISO 6946 klar geregelt. Sie geht von idealisierten Bedingungen aus: exakte Schichtdicken, saubere Anschlüsse, perfekte Fugen. Auf der Baustelle jedoch weicht die Realität oft davon ab. Maßtoleranzen, Wärmebrücken oder Feuchteeintrag können den tatsächlichen Wärmeverlust deutlich erhöhen.

Praxisbeispiele zeigen, wie es gehen kann: Bei der seriellen Sanierung werden Fassadenelemente passgenau vorgefertigt und nach einem 3D-Laserscan montiert. So lassen sich Wärmebrücken minimieren und die Qualität sichern – ein klarer Vorteil gegenüber herkömmlicher Bauweise.

Beispiele aus der Praxis

  • Fassade: Das Festo AutomationCenter in Esslingen erreicht mit einer doppelten Glasfassade trotz hohem Glasanteil einen U-Wert von 1,3 W/(m²K).
  • Bodenplatte: Die Urban-Mining-Bodenplatte aus Schaumglas kombiniert Fundament und Dämmung in einem Bauteil. Sie ist rückbaubar, wiederverwendbar und spart im Einfamilienhausbau rund 7,5 Tonnen CO₂.
  • Sanierung: Bei der Modernisierung eines Reihenendhauses von 1961 minimierten vorgefertigte Holzrahmenelemente Wärmebrücken und verkürzten die Bauzeit erheblich.

U-Wert als Systemgröße

Auch wenn er zunächst ein Bauteilkennwert ist, wirkt der U-Wert weit ins Gesamtsystem hinein. Er bestimmt die Heizlast und beeinflusst damit direkt die Dimensionierung von Wärmepumpen, Speichern oder Solaranlagen. Je weniger gedämmt die Gebäudehülle, desto größer dimensioniert die Anlagen. Umgekehrt erlaubt eine stärker gedämmte Hülle kompaktere, effizientere Systeme. 

Das Plusenergiehaus in Weitnau ist ein Beispiel: Mit sehr niedrigen U-Werten konnte die Heizlast so weit gesenkt werden, dass eine kleine Stückholzheizung genügte. In Kombination mit einer Photovoltaikanlage erzeugt das Gebäude mehr Energie, als es verbraucht. 

Für Politik und Wirtschaft ist der U-Wert damit ein strategischer Indikator: Er entscheidet über die Effizienz von Sanierungen, die Wirtschaftlichkeit von Investitionen und die Sicherheit einer langfristig bezahlbaren Energieversorgung.

Zum Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestands 2045 führt nur das Zusammenspiel von:

  • effizienter Hülle,
  • moderner Anlagentechnik,
  • erneuerbaren Energien und
  • einer Lebenszyklusbetrachtung. 

Gebäudeforum klimaneutral liefert Fachwissen zum U-Wert und Praxisbeispiele

Mehr zum U-Wert erfahren Sie im aktuellen Themenschwerpunkt „Gebäudehülle“ des Gebäudeforums klimaneutral. Mit dem Gebäudeforum klimaneutral stellt die dena eine zentrale Plattform für qualitätsgesicherte Informationen rund um klimaneutrales Bauen und Sanieren bereit. Es bietet ein umfassendes Serviceangebot für Expertinnen und Experten, alles gebündelt an einer zentralen Anlaufstelle. 

Mehr zum Thema

  • Andreas Koch
    Artikel

    Die Wärmewende sozial gerecht gestalten

    Hinsichtlich der anstehenden Novellierung der Wärmelieferverordnung meint Dr. Andreas Koch, dena-Experte für klimaneutrale Quartiere: Die Wärmewende muss wirtschaftlich, aber auch sozial gerecht sein....

  • Logo des Kompetenzzentrums Kommunale Wärmewende (KWW) mit den Buchstaben 'KWW' in dunklem Braun und einem bunten, organischen Hintergrund in Rosa und Orange.
    Pressemeldung

    Fortschritte bei der Kommunalen Wärmeplanung dank guter Vorbereitung

    KWW-Kommunenbefragung 2025: Kommunale Wärmeplanung (KWP) macht bundesweit Fortschritte. Wird frühzeitig mit Partnern, Verwaltung und Öffentlichkeit kooperiert, vereinfacht das die Umsetzung.

  • Logo des Kompetenzzentrums Kommunale Wärmewende (KWW) mit den Buchstaben 'KWW' in dunklem Braun und einem bunten, organischen Hintergrund in Rosa und Orange.
    Artikel

    Wärmeplanung in deutschen Kommunen geht voran

    Im Interview mit der dpa spricht Robert Brückmann, Leiter des Kompetenzzentrums Kommunale Wärmewende (KWW), über den Stand der Wärmeplanung in den Kommunen - und verrät, warum die Stadt Halle als...