Nachhaltige Rechenzentren
Wie Deutschland die steigende Nachfrage nach Rechenleistung als strategische Chance nutzen kann
Digitale Technologien prägen längst den Alltag – von der Wirtschaft über die öffentliche Verwaltung bis hin zur Mobilität. Damit wächst der Bedarf an Rechenzentren. Sie bilden das Rückgrat digitaler Infrastruktur und sichern die Leistungsfähigkeit moderner Informationssysteme. Mit zunehmender Rechenleistung steigt auch der Energieverbrauch rasant. Deutschland kann die Nachfrage nach effizienten und nachhaltigen Lösungen als strategische Chance nutzen – mit erheblichem Potenzial für den Wirtschaftsstandort. Wie lässt sich der wachsende Strombedarf mit den energiepolitischen Zielen Deutschlands vereinen? Wie können Rechenzentren gezielt in das Energiesystem integriert werden?
Wachsender Bedarf an Rechenleistung
Kapazität und Anzahl deutscher Rechenzentren nehmen stetig zu. Die IT-Anschlussleistung liegt bei mehr als 2.700 Megawatt (MW). In den kommenden Jahren wird ein weiterer deutlicher Anstieg erwartet – bis 2030 um 78 %. Vor allem Cloud-Computing und Künstliche Intelligenz (KI) treiben dieses Wachstum maßgeblich. Die Bundesregierung plant daher, bis Jahresende eine nationale Rechenzentrumsstrategie vorzulegen.
Energiebedarf und Effizienzsteigerung
Mit wachsender Rechenleistung steigt auch der Stromverbrauch. Im Jahr 2023 lag er bei rund 20 Terawattstunden (TWh). Das sind rund 4 % des gesamtdeutschen Strombedarfs. Bis 2030 könnte der Verbrauch von Rechenzentren auf über 30 TWh anwachsen; bis zum Jahr 2045 bei gleichbleibendem Wachstum auf knapp 80 TWh. Die Branche ist energieintensiv. Derzeit machen nach Angaben des Verbands German Datacenter Association e. V. die Energiekosten etwa 50 % der Betriebsausgaben eines Rechenzentrums aus. Um Rechenzentren energieeffizienter zu betreiben, schreibt das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) vor, dass neue Rechenzentren ab Mitte 2026 bestimmte Effizienzmindeststandards erfüllen müssen.
Durch die im EnEfG verankerten Vorgaben zur Energieverbrauchseffektivität (PUE) und zum Anteil erneuerbarer Energien werden Maßnahmen wie effiziente Kühlung, optimierte Stromversorgung und intelligente Steuerungssysteme in Rechenzentren gestärkt. Etwa 80 % des Energieverbrauchs entfallen auf Hardware und Software. Effiziente Prozessoren, leistungsfähige Chips und stromsparende Software sind daher entscheidend, um die Rechenleistung pro Watt zu steigern. Technologien wie Flüssigkühlung erhöhen die Effizienz zusätzlich und ermöglichen eine bessere Nutzung der Abwärme. Ohne das EnEfG wäre der Stromverbrauch im Jahr 2030 um etwa 2,5 TWh höher. Zu diesem Schluss kommt das im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWE) von der dena gemeinsam mit Partnern erstellte Gutachten „Stand und Entwicklung des Rechenzentrumsstandorts Deutschland“.
Integration in das Energiesystem
Rechenzentren können künftig aktiv in das Energiesystem eingebunden werden: Ihre Abwärme lässt sich in lokale Fernwärmenetze einspeisen. Flexible Laststeuerung ermöglicht es, den Stromverbrauch an die Verfügbarkeit erneuerbarer Energien anzupassen. Regionen mit hohem Anteil von Wind- und Solarstrom bieten hier besondere Potenziale. Durch eine koordinierte Planung von Strom-, Wärme- und Datennetzen lassen sich Synergien nutzen, Netzkapazitäten entlasten und geeignete Standorte gezielt entwickeln. Rechenzentren werden damit zu Partnern der Energiewende und tragen aktiv zur Netzstabilität und Dekarbonisierung bei.
Wirtschaftlicher Beitrag und Standortchancen
Die gezielte Ansiedlung von Rechenzentren kann zur Herausbildung digitaler Ökosysteme beitragen. Dadurch werden hochwertige Arbeitsplätze und die regionale Wertschöpfung gestärkt. Pro Megawatt IT-Leistung können durch nachgelagerte Dienstleistungen mehr als 170 Arbeitsplätze entstehen. Nachhaltige Rechenzentren verbinden wirtschaftliches Wachstum mit Klimaschutz. Strukturschwache Regionen – etwa ehemalige Kohlestandorte – können von gezielten Ansiedlungen profitieren. Gute Netzanbindung, erneuerbare Energiequellen und Wärmenetze sind zentrale Standortfaktoren. Durch effiziente Planung, innovative Technologien und klare regulatorische Rahmenbedingungen kann Deutschland seine Position im internationalen Wettbewerb festigen und sich durch Nachhaltigkeit und Datensicherheit positiv differenzieren.
Deutschland als Standort für Rechenzentren
Als dena – Deutsche Energie-Agentur – haben wir gemeinsam mit den Projektpartnern Borderstep Institut, Universität Stuttgart, SDIA, EY Law, Fraunhofer ISI und der BBH-Gruppe im Auftrag des BMWE die Marktentwicklung, Wechselwirkungen mit dem Energiesystem sowie Standortchancen für Neuansiedlungen von Rechenzentren untersucht. Die Ergebnisse zeigen: Rechenzentren sind ein strategischer Faktor für Wettbewerbsfähigkeit und digitale Souveränität. Auch für die Energiewende spielen sie eine entscheidende Rolle. Mit Daten lassen sich erneuerbare Energien optimal integrieren, Anlagen intelligent steuern und Systemkosten senken. Ohne Ausbau droht Deutschland beim Anteil an der weltweiten Rechenleistung weiter zurückzufallen.