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09.10.24

Bund-Länder-Dialog Energiespar-Contracting 2024

Netzwerken, diskutieren, fordern – so gewinnt man beim ESC!

Wie kann die Transformation zu einem klimaneutralen Gebäudesektor gelingen? Welche Stellschrauben gilt es zu justieren, um ESC am Markt zu stärken? Am 12. September 2024 fand in Berlin der 10. Bund-Länder-Dialog Energiespar-Contracting (ESC) vom Kompetenzzentrum Contracting der Deutschen Energie-Agentur (dena) statt. Ein kurzer Rückblick.

Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ging das dena-Team in den Austausch mit Vertretenden aus Landesministerien, vom Landesbau, Energieagenturen, Verbänden, Contractoren und ESC-Beratenden.

Dr. Volker Hoppenbrock (Referatsleiter zielgruppenbezogene Gebäudestrategien im BMWK)

Dr. Volker Hoppenbrock, Referatsleiter zielgruppenbezogene Gebäudestrategien im BMWK, eröffnete die Veranstaltung. Er betonte, dass ESC eine wichtige Lösungsoption und ein zentraler Schlüssel sei, um Ländern und Kommunen bei der Gebäudesanierung Aufgaben abzunehmen, die sie aufgrund von Personalmangel, fehlender finanzieller Ausstattung und Expertise nicht schaffen. Auf dem Weg zur Klimaneutralität müsse ESC jedoch künftig, so Hoppenbrock, stärker in Richtung Klimaschutz-Contracting (KSC) weiterentwickelt werden, das u.a. Hüllenmaßnahmen mit verankert. 

Corinna Enders (Vorsitzende der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur)

Corinna Enders, Vorsitzende der Geschäftsführung der dena betonte in ihrer Videogrußbotschaft ebenso die bedeutende Rolle, die Energiespar-Contracting beim Erreichen der Klimaziele im Gebäudebereich spielen kann und erläuterte, welche Rahmenbedingungen es dafür noch zu verbessern gilt.

ESC in die Breite tragen – aber wie?

Ursel Weißleder (Seniorexpertin Quartier & Stadt, Deutschen Energie-Agentur)

Wie ein KSC finanziell zu stemmen wäre und was der Bund tun kann, um Energiespar-Contracting verstärkt in die Breite zu tragen, waren zentrale Fragen, die bei der Veranstaltung diskutiert wurden. 

Die Teilnehmenden waren sich einig: Das Interesse vonseiten der öffentlichen Hand ist da, aber zu häufig noch stellten beispielsweise Genehmigungsanforderungen eine Hürde dar – insbesondere für Kommunen in schwieriger Haushaltslage. Der stellvertretende Vorsitzende des vedec-Arbeitskreises ESC, Michael Pietzner (E1 Energiemanagement), betonte, dass ESC im kommunalen Haushaltsrecht immer noch benachteiligt sei gegenüber Energieliefer-Contracting oder der Eigenumsetzung. Der Grund: ESC wird als kreditähnliches Geschäft eingestuft, trotz Refinanzierung aus den Einsparungen. Er forderte, das Haushaltsrecht so zu ändern, dass Kommunen bei ESC nicht die anspruchsvollen Genehmigungsanforderungen von kreditähnlichen Geschäften einhalten müssen. Ursel Weißleder, Seniorexpertin im dena-Kompetenzzentrum Contracting, pflichtete ihm bei und hob hervor, dass ein Wegfall dieser Einstufung entscheidend dazu beitragen würde, ESC am Markt zu stärken. 

Wichtiges Instrument zur Finanzierung und Umsetzung

Christian Tögel (Leiter regionaler und kommunaler Klimaschutz bei NRW.Energy4Climate)

Christian Tögel (NRW.Energy4Climate) unterstrich als Leiter regionaler und kommunaler Klimaschutz, wie wichtig privates Kapital und privates Know-how für öffentliche Stellen sei, um ihre Klimaziele zu erreichen. Der Druck sei hoch, während die finanzielle Lage der Kommunen schwierig bleibe. Er hob hervor, dass ESC nicht nur ein Finanzierungs-, sondern auch ein wichtiges Umsetzungsinstrument sei. Im „Dreiklang“ fehlendes Geld, fehlendes Personal, fehlende Expertise lohne ESC für Kommunen bereits dann, wenn nur einer der Faktoren zutreffe. Auch die im ESC integrierte Garantie für Energieeinsparungen sei in keiner anderen Form von Sanierungsinstrumenten zu finden. Es brauche jedoch neue Ideen und Strategien, um das Geschäftsmodell weiterzuentwickeln und die Umsetzung ambitionierter ESC-Projekte zu ermöglichen. 

Hoher Investitionsbedarf in Kommunen

Den Finanzierungsbedarf kommunaler Klimaschutzinvestitionen umriss Dr. Henrik Scheller vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu): Zahlen aus dem KfW-Kommunalpanel (2024) vom Difu zeigten hohe Investitionsrückstände und Finanzbedarfe. Demnach belaufen sich die Investitionsbedarfe bis 2045 allein am Beispiel Sportstätten auf zwei bis vier Milliarden Euro pro Jahr. Hemmnisse wie Lieferengpässe in der Bauwirtschaft oder komplexe Genehmigungsverfahren würden zahlreiche Investitionen ausbremsen, verteuern oder gar verhindern – viel Potenzial für den Klimaschutz bleibt dadurch ungenutzt. Laut Scheller sollte der kommunale Klimaschutz und die Klimaanpassungsfinanzierung auf eine neue verfassungsrechtliche Grundlage gestellt werden, z. B. mit Definition einer kommunalen Pflichtaufgabe oder einer verfassungsrechtlichen Verankerung einer Gemeinschaftsaufgabe. 

Flankierende Maßnahmen wie eine Reform der Schuldenbremse oder ein verfassungsfestes Sondervermögen für Klimaschutz seien laut Scheller notwendig, um den Finanzierungsbedarf der Kommunen zu decken. Private Investitionen seien zudem ergänzend unumgänglich für die Finanzierung. Das Thema müsse offen und pragmatisch diskutiert werden, vor allem die damit einhergehenden Rendite-Erwartungen stellten eine Herausforderung dar.

Aktuelles Wissen, beeindruckende Projektbeispiele

Friedrich Seefeldt (Prognos AG)

Durch den Tag führte Friedrich Seefeldt von der Prognos AG. In weiteren Vorträgen erhielten die Teilnehmenden einen Überblick über:

  • die aktuellen gesetzlichen Anforderungen aus der EU-Energieeffizienzrichtline EED und EU-Gebäuderichtline EPBD (Sonja Leidner, Politik & Strategie, dena)
  • die Erkenntnisse aus der Evaluierung des dena-Modellvorhabens „Co2ntracting: build the future!“ mit derzeit bundesweit 24 aktiven Projekten (Stefan Losch, Quartier & Stadt, dena)
  • ESC im Landesbau am Beispiel NRW (Horst Ramm, Stab Klimaneutrale Landesverwaltung, BLB NRW)
  • ESC in der Arbeit der Energieagenturen am Beispiel der Berliner Energieagentur (Alejandro Fanegas, Teamleiter ingenieurtechnische Beratungsprojekte, BEA)
  • die Perspektive der ESC-Contractoren anhand von Projektbeispielen (Steffen Haller, Leiter Energieeffizienz, ENGIE Deutschland)
  • den Weg zu erfolgreichen ESC-Projekten (Thomas Heydenbluth, Abteilungsleiter Energy Services, EGS-plan)
  • Details zur Finanzierung eines klimaneutralen Gebäudebestands mit ESC samt Zahlen aus der neuen dena-Studie „Fit für 2045 (Teil 2): Investitionsbedarf für die Transformation öffentlicher Nichtwohngebäude“ (Dr. Jonathan Flesch, Teamleiter Quartier & Stadt, dena)
Horst Ramm (Stab Klimaneutrale Landesverwaltung, BLB NRW)
Alejandro Fanegas (Teamleiter ingenieurtechnische Beratungsprojekte, BEA)
Dr. Volker Hoppenbrock (BMWK), Sonja Leidner (Themenbereichsleiterin Politik & Strategie, Deutsche Energie-Agentur)

10 Jahre Bund-Länder-Dialog ESC – 10 Jahre starker Austausch!

Der diesjährige Bund-Länder-Dialog (BLD) feierte gleichzeitig rundes Jubiläum: Vor zehn Jahren fand der erste BLD statt. Wichtige Akteurinnen und Akteure kamen zu Wort, um die langjährige Arbeit des dena-Kompetenzzentrums Contracting Revue passieren zu lassen und den Wert der Jahresveranstaltung, des Erfahrungsaustausches und der vertrauensvollen Zusammenarbeit zu betonen. Es sprachen Michael Geißler, Geschäftsführer der Berliner Energieagentur BEA, Christian Tögel von der Landesgesellschaft NRW.Energy4Climate, Janna Beck von der KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg sowie Michael Pietzner von der E1 Energiemanagement GmbH und stellvertretender Vorsitzender des Arbeitskreises ESC des Branchenverbands vedec. Sie lobten auch die von der dena erarbeiteten Standardwerke für die Branche wie z. B. den ESC-Leitfaden sowie die Mentoring-Programme und das ESC-Modellvorhaben.

(v.l.n.r.) Dr. Jonathan Flesch (Teamleiter Quartier & Stadt, Deutsche Energie-Agentur), Sarah Koch (Teamleiterin Quartier & Stadt, Deutsche Energie-Agentur), Ursel Weißleder (Seniorexpertin Quartier & Stadt, Deutsche Energie-Agentur)
10. Bund-Länder-Dialog Energiespar-Contracting

Über den Bund-Länder-Dialog ESC

Mit Hilfe des Sanierungsinstruments Energiespar-Contracting können Bund, Länder und Kommunen ihre Nichtwohngebäude zügig und wirtschaftlich energetisch sanieren. Doch trotz bereits existierender Instrumente wie das ESC bleiben in Kommunen und Ländern noch immer viele Einsparpotenziale im Gebäudebestand ungenutzt. Der Bund-Länder-Dialog ESC hat sich als Jahresveranstaltung des Kompetenzzentrums Contracting etabliert, um genau das zu ändern. Die dena bringt die relevanten Akteurinnen und Akteure wie politische Entscheidende, Contractoren, Interessensvertretende, Energieagenturen, Verbände und Multiplikatoren zusammen – mit dem Ziel, die rechtlichen Rahmenbedingungen in den Bundesländern für ESC zu verbessern, regionale Kompetenzen zu stärken und die Marktdurchdringung voranzutreiben.