Jahreskonferenz 2024
Session I: Biomethan in der zukünftigen Gasnetzinfrastrukturentwicklung
Im ersten Block haben Dr. Shalene Edwards und Johanna Jagnow (Referentinnen WEW3, BMWK) die Erarbeitung des EU-Gasbinnenmarktpakets vorgestellt, das erstmals einen umfassenden rechtlichen Rahmen für den Wasserstoffmarkt bis 2026 schafft und dabei an bestehende Erdgasregelungen anknüpft. Die Herausforderungen umfassen unter anderem die sinkende Nachfrage nach Gas und die zukünftige Nutzung der Gasverteilnetze, wobei Optionen wie die Umstellung auf Wasserstoff oder die Nutzung für Biomethan geprüft werden, um eine langfristig planbare und kosteneffiziente Versorgung zu gewährleisten.
Die Zukunft der Gasverteilernetze steht nach Ralph Kemp (Partner, Büro für Energiewirtschaft und technische Planung - BET), vor erheblichen Herausforderungen, da die Nachfrage nach Methan aufgrund der Elektrifizierung und des Wasserstoffhochlaufs sinkt, während die Rolle von Biomethan sich auf schwer dekarbonisierbare Sektoren wie Industrie und Altbauheizungen konzentrieren könnte. Eine schnelle Planungssicherheit sowie die Schaffung regionaler Cluster und Marktplätze sind laut Herrn Kemp notwendig, um steigende Netz- und Betriebskosten durch gezielte Infrastrukturtransformation und Anpassung an lokale Wärmepläne zu vermeiden.
Außerdem hat Tobias Ziereis, (Sales Director, AB Energy Deutschland) einen Überblick über den derzeitigen Biomethananlagenbau gegeben. Ziereis betonte, dass der Ausbau von Biomethananlagen derzeit trotz potenziell hoher Nachfrage stagniert, da rechtliche Unsicherheiten, lange Realisierungszeiten für Netzanschlüsse und hohe Kosten in Deutschland im Vergleich zu Nachbarländern wie Österreich und der Schweiz hemmend wirken. Kleinere Anlagen stoßen auf besondere Hindernisse durch regulatorische Vorgaben und geringe Anreize zur CO₂-Verwertung, was die Erschließung dezentral verfügbarer Biomasse erschwert und im Vergleich zur Fernwärme oft einfach nutzbare, aber teure Gasinfrastrukturlösungen weniger attraktiv erscheinen lässt.
Präsentationen
- Infrastrukturentwicklungen für Biomethan aus Sicht des BMWK Dr. Shalene Edwards und Johanna Jagnow, Referentinnen WEW3, BMWK 533.69 KB pdf th
- Grüne Netze: Herausforderungen und Chancen der Gasverteilung mit Biomethan Ralph Kremp, Partner, Büro für Energiewirtschaft und technische Planung (BET) 1.83 MB pdf th
- Überblick über den derzeitigen Biomethananlagenbau Tobias Ziereis, Sales Director, AB Energy Deutschland 1.56 MB pdf th
Session II: Handel und Anrechnung von Biomethan
Thorsten Nascimento Rohling (Geschäftsführer und Leiter Produktentwicklung, agriportance) beleuchtete Aktuelles über den Handel und Import von Biomethan. Demnach wächst der europäische Biomethanmarkt laut EBA jährlich, mit zunehmenden grenzüberschreitenden Handelsaktivitäten, wobei der Kraftstoffsektor in den letzten Jahren dominierte. Trotz einer zeitweiligen Konkurrenzfähigkeit von Biomethan zu Erdgas in 2022, ist der Biomethanpreis derzeit u.A. durch Insolvenzen einiger Händler gesunken, was zu Unsicherheiten und einem gesättigten Märkten führt. Um das Ziel bis 2030 rund 35 TWh Biomethan zu generieren, erscheinen insbesondere Biomethanproduktionen aus den Niederlanden, UK und der Schweiz vielversprechend.
Nina Gutsche (Referentin 523, BLE) stellte die gesetzlichen Anforderungen zur Ausstellung von Nachhaltigkeitsnachweisen vor. So arbeitet die BLE derzeit an der Umstrukturierung von Nabisy für den Emissionshandel, um eine klare Herkunft von Gas in der Datenbank zu gewährleisten, insbesondere im Hinblick auf den Anstieg von Nachhaltigkeitsnachweisen durch die Einführung der RED II. Die Ausstellung der Nachweise erfolgt derzeit quartalsweise, um Bürokratie zu reduzieren, jedoch steht die Frage einer jährlichen Nachweisführung noch zur Diskussion, während Nabisy auf eine mögliche bilaterale Anbindung zur Unionsdatenbank wartet.
Jakob Jegal (Seniorexperte Erneuerbare Energien, dena) betonte, dass die parallele Nachweisführung für Biomethan im EEG und anderen Systemen wie Nabisy eine große Herausforderung darstellt, da unterschiedliche Kriterien und Nachweise erfüllt werden müssen, was zu bürokratischem Aufwand und uneinheitlicher Nachweisführung führt. Es gibt Bestrebungen, durch den Austausch zwischen den Nachweissystemen und einen möglichen automatisierten Abgleich eine Optimierung der Nachweisführung zu erreichen, wobei die Einführung eines einheitlichen Identifikators und die Harmonisierung von Prozessen angestrebt werden. Derzeit bleibt jedoch noch unklar, ob die UDB und andere Datenbanken künftig eine einheitliche Lösung bieten können.
Präsentationen
- Aktuelles über den Handel und Import von Biomethan Thorsten Nascimento Rohling, Geschäftsführer und Leiter Produktentwicklung, agriportance 1.74 MB pdf th
- Gesetzliche Anforderungen zur Ausstellung von Nachhaltigkeitsnachweisen Nina Gutsche, Referentin 523, BLE 695.91 KB pdf th
- Herausforderungen paralleler Nachweissysteme für Biomethan im EEG Jakob Jegal, Seniorexperte Erneuerbare Energien, dena 1.17 MB pdf th
Session III: Absatzperspektiven für Biomethan im Strom- und Wärmesektor
Die Zukunft der Bioenergie steht nach Dr. Andreas Täuber (Referatsleiter 524, BMEL) vor Herausforderungen, besonders bei der Einbindung von Biomethan und Biogas in die Energiewende. Themen wie die verschobene Nationale Biomassestrategie (NABIS), die Einführung strengerer Treibhausgasvorgaben (z. B. RED III) und die geplante Flexibilisierung von Biogasanlagen zur Netzstabilisierung werden aktuell im intensiven Austausch des Ministeriums mit allen relevanten Akteuren diskutiert. Eine zentrale Rolle spielen dabei die Nutzung von Reststoffen und eine verstärkte Kreislaufwirtschaft, aber auch Fragen zur Zertifizierung und Integrität im Importmarkt. Zudem steht das Biomassepaket im Fokus, um den Erhalt und Ausbau der Bioenergie trotz auslaufender Förderungen sicherzustellen. Die Zukunft der Branche hängt gemäß Dr. Täubers Ausführungen stark von politischen Entscheidungen und der Weiterentwicklung technologischer Lösungen ab, um langfristige Energieunabhängigkeit und Nachhaltigkeit zu gewährleisten.
Anschließend referierte Prof. Dr. Uwe Holzhammer (Institutsleitung ForTraNN, TH Ingolstadt) über die Integration von Biomethan in hochflexiblen KWK-Anlagen als eine Möglichkeit zur Unterstützung der Residuallastdeckung und zur Flexibilisierung des Energiesystems. Obwohl das Konzept besonders in der Anwendung als Ergänzungswärmequelle für Flusswärmepumpen in Quartierswärmelösungen als besonders vielversprechend erschien, wird die Umsetzung aktuell noch durch steigende Marktpreise des Biomethans, unsichere Erträge und komplexe Rahmenbedingungen gebremst. Um die Wirtschaftlichkeit und Effizienz zu verbessern, werden Ansätze wie die Nutzung von Erdgasspeichern am Ausspeisepunkt, gezielte Betriebsstrategien und die Kopplung mit Wärmeerträgen durch das Forschungsteam um Prof. Dr. Holzhammer vorgeschlagen, wobei der zukünftige Erfolg auch maßgeblich von politischen Entscheidungen zur Förderung und Anpassung des rechtlichen Rahmens abhängt.
Dr. Norbert Azuma-Dicke (Leiter Strategie und Politik, BDH) gab einen Überblick über Biomethan in der gasbasierten Wärmeerzeugung unter dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) und dem Wärmeplanungsgesetz (WPG). Es ging hervor, dass aufgrund der hohen Gasheizungsanzahl und geringer Sanierungsraten Biomethan im Gebäudebestand eine wichtige Rolle spielen wird. Allerdings sorgt der bestehende Regulierungsrahmen für Verunsicherung bei Verbrauchern, da die Verantwortung für die Wärmeplanung bei den Kommunen liegt. Daher bedarf es einer klaren Entwicklungsstrategie seitens der Bundesregierung Herausforderungen dar.
Abschließend stellte Norman Wendt (Senior Berater, von Beust & Coll. Beratungsgesellschaft) die Initiative Grüngasquote als eine Perspektive für erneuerbare Gase vor. Die Industrieallianz arbeitet auf die Einführung einer Grüngasquote hin, um Investoren im Bereich grüner Gase langfristige Sicherheit zu bieten. Ein konkreter Umsetzungsvorschlag liegt noch nicht vor, jedoch wird eine technologieoffene und sektorenübergreifende Lösung bis 2045 angestrebt. Der branchenübergreifende Ansatz soll die Notwendigkeit der Quote ins öffentliche und politische Bewusstsein rücken und Unterstützer gewinnen.
Präsentationen
- Die Zukunft der Bioenergie aus Sicht des BMEL Dr. Andreas Täuber, Referatsleiter 524, BMEL 610.01 KB pdf th
- Biomethan in der hochflexiblen KWK Prof. Dr. Uwe Holzhammer, Institutsleitung ForTraNN, TH Ingolstadt 2.60 MB pdf th
- Biomethan in der gasbasierten Wärmeerzeugung unter GEG und WPG Dr. Norbert Azuma-Dicke, Leiter Strategie und Politik, BDH 1.36 MB pdf th
- Initiative Grüngasquote – eine Perspektive für erneuerbare Gase Norman Wendt, Senior Berater, von Beust & Coll. Beratungsgesellschaft 490.86 KB pdf th