Konsequent Umsetzen

Grüne Wasserstoff-Korridore

04.12.2023 - Ein erklärtes Ziel der Energieunion ist es, die EU von Energieeinfuhren unabhängiger zu machen. Gleichzeitig soll eine Nachfrage gesteuerte und dezentrale Energieversorgung aufgebaut werden, sodass die Mitgliedstaaten auf eine größere Auswahl von Anbietern zurückgreifen und von niedrigeren Preisen profitieren können. Welche Rolle dabei der konsequente Aufbau von Wasserstoff-Korridoren spielt, erläutert Kim Malin Lakeit, Teamleiterin bei der dena.

Kim Malin Lakeit, Teamleiterin

Deutschland benötigt bereits im Jahr 2030 45 bis 90 TWh importierten Wasserstoff oder andere importierte erneuerbare Energieträger. Das sind 50 bis 70 % des für 2030 prognostizierten Bedarfs und die Bundesregierung erwartet, dass der Importanteil in den Jahren danach noch steigen wird. 

Während die Importe in den nächsten Jahren zunächst vor allem als Ammoniak, Methanol oder erneuerbare Flugkraftstoffe per Schiff nach Deutschland gelangen werden, soll anschließend der pipelinebasierte Import von gasförmigem, klimaneutralem Wasserstoff aus anderen europäischen Ländern und gegebenenfalls angrenzenden Regionen ausgebaut werden. Die ersten Pipelineverbindungen zu unseren nahen Nachbarn wie Dänemark oder den Niederlanden sollen bereits 2027/28 in den Betrieb gehen. 

Potenziale für erneuerbaren Wasserstoff in Europa

Die Möglichkeiten für die Herstellung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien sind in Europa vielfältig: Nord- und Ostsee bieten bislang ungenutzte Offshore-Wind-Potenziale, die Mittelmeerregion kann noch stärker auf Solarenergie und die Anbindung an Nordafrika zurückgreifen und fast überall gibt es noch verfügbare Onshore-Windpotenziale. Der Aufbau der Wasserstoffproduktion sollte nicht auf Kosten der Strommarktintegration gehen, bietet aber für die produzierenden Länder auch zusätzliche Chancen für die Re-Industrialisierung und die eigene Dekarbonisierung. 

Machbarkeitsstudie für Wasserstoff-Wertschöpfungskette mit Norwegen

Die dena hat in den letzten anderthalb Jahren die Erstellung einer Machbarkeitsstudie für eine Wasserstoff-Wertschöpfungskette zwischen Norwegen und Deutschland koordiniert. Sie befasst sich umfassend mit Fragen der Ausgestaltung sowie den Chancen und Risiken einer solchen Partnerschaft. 

Gemeinsam mit den nationalen und internationalen Projektpartnern konnte festgestellt werden, dass die technische Machbarkeit solcher Pipelineverbindungen gegeben ist. Allerdings müssen zügig noch einige regulatorische und technische Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden. Die wirtschaftliche Machbarkeit kann nur unter vielen Annahmen bestätigt werden. 

Dennoch: Der Wille die norwegischen Potenziale in den europäischen Energiebinnenmarkt weiter zu integrieren ist bei allen Akteuren entlang der Wasserstoff-Wertschöpfungskette und den politischen Entscheidungsträgern auf allen Seiten groß. Norwegen stand und steht als verlässlicher Partnern an der Seite der EU. Es kann und sollte damit ein Beispiel sein für die zukünftige Gestaltung der Wasserstoffpartnerschaften Deutschlands. Als dena unterstützen wir das BMWK bei dem Aufbau bi- und multilateraler Wasserstoffkooperationen in Europa, beispielsweise durch die Begleitung der norwegisch-deutschen Task Force.

Gleichzeitigkeit von sicherer, bezahlbarer Energieversorgung und Dekarbonisierung 

Energieversorgungssicherheit bei bezahlbaren Preisen und die Dekarbonisierung der Wirtschaft in Europa sind keine gegenläufigen Ziele. Sie können bei der Ausnutzung der erneuerbaren Potenziale und der Verknüpfung neuer Regionen Europas durch Wasserstoffpipelines Wirklichkeit werden. Europäische, regionale Lieferanten sollten den robusten Kern unserer Wasserstoffversorgung bilden bei gleichzeitiger Risikoabsicherung durch Diversifizierung.