Wege aus der Müllkrise: Abfallmanagement in Osteuropa und Zentralasien

Um die Umweltverschmutzung zu bekämpfen und Platzprobleme zu lösen, arbeiten osteuropäische und zentralasiatische Länder an der Verbesserung ihres Abfallmanagements. Auch Energiegewinnung aus Müll spielt mittlerweile eine Rolle. Die dena fördert den internationalen Austausch.

Die kasachische Stadt Almaty vor dem Gebirge Transili-Alatau. Foto: shutterstock.com/podgorakz

Fast alle postsowjetischen Länder haben durch die Lagerung von Abfällen ein zunehmendes Platzproblem. Hinzu kommen die Verschmutzung der Umwelt und die gesundheitliche Gefährdung der Menschen. Die dortige Modernisierung der Abfallwirtschaft steht noch am Anfang. Ukraine und Kasachstan sind bereits etwas weiter auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit, doch auch in Belarus und Russland findet eine Entwicklung statt.

Der Brand der größten Mülldeponie der Ukraine in der Großstadt Lwiw im Mai 2016 rückte das Abfallproblem noch stärker in den Fokus der Bevölkerung und der Politik. Seitdem gab es große Bemühungen, die Entsorgung von Abfall besser staatlich zu regulieren. Im Februar 2019 wurde in der Ukraine ergänzend zur Nationalen Abfallwirtschaftsstrategie ein Nationaler Plan verabschiedet. Für jede Abfallart sollen nun eine Reihe von Maßnahmen entwickelt und die rechtlichen Grundlagen geschaffen werden.

Seit 2015
zahlt der ukrainische Staat
einen erhöhten Abnahmepreis für Biogasstrom.
Bis 2050
will Kasachstan auf
erneuerbare Energien umsteigen.
Seit 2019
setzt Russland
eine Müllreform um.
Bis 2035
will Belarus
mindestens 50 Prozent des Hausmülls verwerten.

Die Länderübergreifende Dialogplattform Urbane Energieinfrastruktur

Mit der Länderübergreifenden Dialogplattform Urbane Energieinfrastruktur in Osteuropa und Zentralasien fördert die dena die Zusammenarbeit zwischen politischen und wirtschaftlichen Akteuren in Kasachstan, Usbekistan, Belarus, Russland und der Ukraine. Deutsche Unternehmen werden von der dena bei der Markterschließung in diesen Ländern unterstützt.

Grüner Tarif und Grüne Wirtschaft

Bereits seit dem Jahr 2015 gibt es in der Ukraine den sogenannten Grünen Tarif. Unternehmen, die an Deponien Strom aus Biogas erzeugen, erhalten vom Staat dafür einen erhöhten Abnahmepreis. Der Grüne Tarif ist mindestens bis zum Jahr 2030 in der ukrainischen Gesetzgebung festgelegt. Die Europäische Union und die Kreditanstalt für Wiederaufbau unterstützen die Ukraine bei dieser Förderung.

In Kasachstan ist ebenfalls eine positive politische Entwicklung zu beobachten. Im Jahr 2013 wurde dort das Konzept der Grünen Wirtschaft verabschiedet, das den Umstieg auf erneuerbare Energie in drei Schritten bis zum Jahr 2050 vorschreibt. Der damit verbundene Nationalplan für die Abfallwirtschaft sieht wie in der Ukraine eine Abfallsortierung sowie die Verwertung von Sekundärstoffen vor. In der Praxis wird allerdings noch zu wenig umgesetzt.

Regulierung in Russland und Belarus

Russland setzt seit dem 1. Januar 2019 eine Müllreform um. Für das Abfallmanagement in den Regionen soll jeweils ein Betreiber für die Sortierung des Mülls verantwortlich sein. Die Umsetzung ist jedoch oft schwierig – in vielen Regionen konnte noch kein geeigneter Betreiber gefunden werden. Hinzu kommt, dass meist die Kosten für die Bevölkerung steigen. Im Vergleich zum vorherigen System, das noch aus der Sowjetunion stammte, werden hier aber in jedem Fall Fortschritte gemacht.

Belarus will ein Netzwerk aus Sortierungsanlagen und Deponien schaffen. Die hierfür beschlossene Strategie bis zum Jahr 2035 hat das Ziel, nicht weniger als 50 Prozent des Hausmülls zu verwerten. Auch zur Müllentsorgung und zur Müllvermeidung sollen zukünftig nachhaltigere Konzepte entwickelt werden.

Ein Bagger lädt in einer ukrainischen Verwertungsanlage in Kiew Papier ab. Foto: shutterstock.com/Lipik Stock Media

Von der Lagerung zur Verwertung

Die Ukraine will den Anteil der Lagerung von Abfällen in Deponien von 95 Prozent im Jahr 2016 auf 30 Prozent im Jahr 2030 senken. Ziel ist also die stärkere Weiterverarbeitung der Abfälle. Zuletzt lag die Verwertungsquote zwischen vier und sechs Prozent, perspektivisch möchte man aber den EU-Durchschnittswert von rund 40 Prozent erreichen. Der Lagerungsanteil ist in der Ukraine im Jahr 2018 jedoch nur um 1,2 Prozent gesunken. Die Hauptstadt Kiew macht größere Fortschritte: gelagert werden 77 Prozent des Hausmülls, während 15 Prozent in der Anlage Energija verbrannt werden. Die von Energija durch Verbrennung erzeugte Wärmeenergie wird Wohnhäusern zugeführt. Acht Prozent des Hausmülls werden weiterverarbeitet.

 

Abfallsortierung in einer Verwertungsanlage in der belarussischen Stadt Grodnos. Foto: shutterstock.com/hiv360

In Belarus werden 84 Prozent des Mülls in stark veralteten Deponien gelagert. Die Energieerzeugung aus Abfall ist für Belarus neu. In einigen Deponien in der Nähe von Minsk gibt es jedoch erste Pilotprojekte. Größeren Nachholbedarf als in den anderen drei Ländern gibt es in Belarus bei der Müllsortierung, denn es gibt kaum Sortierungsanlagen.

In Moskau und in St. Petersburg gab es in den letzten Jahren größere Proteste gegen die dortige Müllverbrennung und die damit verbundene Luftverschmutzung. Ein Zeichen für ein zunehmendes Umweltbewusstsein in der Bevölkerung einerseits und ein Zeichen für veraltete Technologie andererseits. Moderne Müllverbrennungsanlagen geben wesentlich weniger Schadstoffe in die Luft ab und sind somit deutlich verträglicher für Mensch und Umwelt.

In Kasachstan gibt es sowohl noch veraltete Müllhalden aus Sowjetzeiten, als auch modernere Komplexe zur Müllverarbeitung. Diese Komplexe vereinen an einem Ort Anlagen zur Müllverbrennung, zur Müllsortierung und zur Müllverarbeitung. Errichtet wurden sie neben Deponien oder in Industriegebieten von Städten. Mehrere kasachische Unternehmen befassen sich mit der Energiegewinnung aus Abfall und den entsprechenden Technologien. Kasachstan ist daher ein vielversprechender Markt für moderne Waste-to-Energy-Anlagen.

dena fördert die Zusammenarbeit

Um die Zusammenarbeit der Länder für eine modernere und nachhaltigere Abfallwirtschaft zu verbessern, veranstaltete die dena im Oktober 2019 im belarussischen Minsk einen Workshop mit Vertretern aus Belarus, Kasachstan, Russland und der Ukraine. Mit der Länderübergreifenden Dialogplattform Urbane Energieinfrastruktur fördert die dena den Austausch in Osteuropa und Zentralasien zu Themen wie Energieeffizienz, Infrastruktur, erneuerbare Energien und Energiewende. Zu den Zielen gehört auch der Technologie- und Know-how-Transfer durch Einbindung der deutschen Wirtschaft.

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