Vorteil Tempo: Wie das erste Energiesprong-Reallabor Deutschland aus dem Sanierungsstau hilft

06.02.2023 - Die serielle Sanierung gilt als Change Maker auf dem Weg zu einem klimaneutralen Gebäudebestand. Uwe Bigalke leitet bei der Deutschen Energie-Agentur ein Team, das das serielle Sanieren nach dem Energiesprong-Prinzip im deutschen Markt etabliert. Im Interview erklärt er, wie mithilfe des ersten Energiesprong-Reallabors und des neuen BEG-Förderbonus die Wärmewende vorangetrieben wird.

Uwe Bigalke, Teamleiter Analysen & Gebäudekonzepte / Bild: Hoffotografen

Was genau ist das Energiesprong Reallabor und was ist dessen Ziel?

In Mönchengladbach lässt der zweitgrößte deutsche Wohnungskonzern LEG im kleinen Maßstab erproben, was im Großen funktionieren soll. Ziel des Reallabors ist die Entwicklung eines seriellen Sanierungskonzeptes, das es ermöglicht, Mehrfamilienhäuser klima- und sozialverträglich zu sanieren. Dazu werden 18 baugleiche Mehrfamilienhäuser aus den 50er-Jahren im Rahmen von fünf unterschiedlichen Bauunternehmen umfassend energetisch modernisiert. Jedes Unternehmen realisiert dabei einen anderen Ansatz, um den im Energiesprong-Konzept vorgesehenen Net Zero-Standard zu erreichen. Bei allen Vorhaben kommen vorgefertigte Fassadenelemente und #Wärmepumpen zum Einsatz. Erprobt werden verschiedene technische Innovationen, die eine schnelle, einfache und bezahlbare Bestandssanierung in der Breite weiter vorantreiben.

Was macht das Projekt so einzigartig?

Projekt Zeppelinstraße in Mönchengladbach / Bild: Renowate

Im Rahmen des Reallabors wird erprobt, wie sich unterschiedliche serielle Sanierungskonzepte unter realen Bedingungen umsetzen und verbessern lassen. Die Gebäude sind sehr ähnlich strukturiert. Das ermöglicht einen objektiven Vergleich der Energiesprong-Ansätze. Der offene Austausch zwischen den Beteiligten ist dabei ausdrücklich erwünscht. Von den gewonnenen Erkenntnissen wollen wir schneller zu skalierbaren Lösungen kommen. So profitiert die gesamte Branche von den Ergebnissen.

Wie beschleunigen die Erkenntnisse aus dem Pilotprojekt die Transformation im Gebäudesektor?

Fassadenmontage in Mönchengladbach / Bild: ecoworks

Die Ansätze aus dem Reallabor und weiteren Piloten sind die Grundlage für den Baukasten serieller Sanierungslösungen. Unternehmen erproben Neuheiten und optimieren Prozesse oder technische Lösungen: Beispielsweise vereinfachen innovative Verankerungslösungen für vorgefertigte Fassaden die Montage, fassadenintegrierte TGA-Module machen eine aufwendige Strangsanierung überflüssig.

Und wo liegen noch die Herausforderungen?

Serielle Sanierungslösungen haben derzeit noch hohe Anfangskosten. Seit dem 1. Januar 2023 gibt es aber für serielles Sanieren nun einen 15-prozentigen Bonus. Zusammen mit der Effizienzhaus-Förderung (EH 40 oder EH 55), der Erneuerbare-Energien-Klasse (EE-Klasse) sowie dem Bonus für die energetisch schlechtesten Gebäude (Worst-Performing-Building-Bonus, WPB-Bonus) können serielle Sanierungen damit mit bis zu 45 Prozent gefördert werden. Damit ist serielles Sanieren bei deutlich schnellerer Umsetzung kostentechnisch vergleichbar mit konventionell durchgeführten Sanierungen und der NetZero-Standard für viele Wohnungsunternehmen bereits jetzt an der Schwelle zur Wirtschaftlichkeit. Die dadurch steigende Nachfrage ist wiederum Grundlage für die Kostensenkung: Mit höheren Stückzahlen für vorgefertigte Fassaden-, PV-Dachelemente sowie Energiemodule mit Wärmepumpen treten Skaleneffekte ein. Zusätzlich ermöglicht die steigende Nachfrage vermehrte Innovationen, die wiederum zu Kostensenkungen führen können.

 

Tour Guides / Bild: dena/ Jörg Parsick-Mathieu

Wie unterstützt das Energiesprong-Team Wohnungsunternehmen und Lösungsanbieter?

Wir informieren, begleiten und vernetzen Wohnungsunternehmen, Lösungsanbieter und andere Baubeteiligte, die seriell sanieren wollen:  von der Gebäudeauswahl, Konzeptentwicklung, über Pilotumsetzung und Portfoliofahrplänen bis hin zur Weiterentwicklung der Lösung und Implementierung neuer Standards und Prozesse im Unternehmen. Als ersten Schritt bieten wir regelmäßige Kick-off-Workshops, Fördertalks sowie Exkursionen zu den Baustellen an.

Blick in die Zukunft: Wie wohnen wir im Jahr 2045?

Rendering von Saint-Gobain / Bild: Saint-Gobain pre.formance

Wenn wir es gemeinsam mit der ganzen Bau- und Wohnungsbranche richtigmachen, schaffen wir ein exponentielles Wachstum serieller Sanierungen bis 2025 und darüber hinaus. Das hilft uns dabei, 2045 in attraktiven, klimaneutralen Wohnungen und Häusern zu wohnen, die die benötigte Energie zu einem Großteil selbst erzeugen und beispielsweise CO2 langfristig in der Fassade binden, statt zu emittieren. Kombinieren wir das Ganze mit starken nachbarschaftlichen Strukturen in Quartieren, schaffen wir für die Zukunft eine Umgebung, die lebenswert für alle Menschen ist und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellt.

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