Pressemitteilung, Berlin

Energiewende: Technologieoffener Ansatz bietet am meisten Vorteile

dena gibt mit Leitstudie Integrierte Energiewende Empfehlungen für Koalitionsverhandlungen / Verfügbare Technologien ermöglichen 90 Prozent weniger CO2-Emissionen bis 2050 / Sektorziele im Klimaschutzplan 2050 noch nicht optimal bestimmt / Weichen müssen jetzt gestellt werden / Kuhlmann: „Klimaschutz braucht Wettbewerb und Innovation“

Deutschland kann seine CO2-Emissionen bis im Jahr 2050 um bis zu 90 Prozent reduzieren, wenn heute bekannte Technologien in einem ambitionierten Transformationspfad optimal genutzt werden. Dafür müssen die energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen bereits in der neuen Legislaturperiode konsequent darauf ausgerichtet werden, dass Klimaschutztechnologien sich in einem marktwirtschaftlichen Wettbewerb beweisen können. Die im Klimaschutzplan 2050 für das Jahr 2030 ermittelten Sektorziele entsprechen noch nicht den optimal austarierten Markierungen. Das ist ein erstes Zwischenfazit aus der Leitstudie Integrierte Energiewende, die die Deutsche Energie-Agentur (dena) derzeit mit wissenschaftlichen Gutachtern und über 50 Unternehmen und Wirtschaftsverbänden aus allen für die Energiewende relevanten Branchen erarbeitet.

„Energiewende ist machbar, wenn wir sie entschlossen, technologieoffen und im breiten Dialog angehen“, sagte der Vorsitzende der dena-Geschäftsführung, Andreas Kuhlmann, bei der Vorstellung des Zwischenfazits in Berlin. „Genau hier setzen wir mit unserer Studie an. Wir bringen alle Branchen und Sektoren an einen Tisch: Energieerzeugung und -verteilung, Gebäude, Industrie, Mobilität. Gemeinsam erarbeiten wir praxisnahe und zielorientierte Transformationspfade. Die Leitstudie der dena ist ein Angebot an die Politik, die auch aus Sicht von Unternehmen bestmöglichen Transformationspfade zu identifizieren und möglich zu machen. Bereits jetzt zeichnet sich deutlich ab, dass wir am besten fahren, wenn wir die richtigen Voraussetzungen für Wettbewerb und Innovationen schaffen. Szenarien, die auf einen Technologiemix setzen, zeigen sich in der dena-Leitstudie wirtschaftlicher und robuster als solche, die einseitig auf einen hohen Grad an Elektrifizierung setzen. Dabei brauchen wir langfristig planbare Anreize für Energieeffizienz und CO2-Vermeidung, die durch eine grundlegende Reform des bestehenden Systems an Steuern, Abgaben und Umlagen erreicht werden müssen. Die Politik hat es in der Hand, in den bevorstehenden Koalitionsverhandlungen die Weichen für einen solchen Kurs zu stellen.“

Drei Szenarien: Referenz, Elektrifizierung, Technologiemix

Die dena-Leitstudie arbeitet mit drei Szenarien: Das erste baut als Referenzszenario auf den aktuellen Rahmenbedingungen und Marktentwicklungen sowie den geltenden politischen Entscheidungen auf. Das Klimaschutzziel von 80 bis 95 Prozent weniger CO2-Emissionen im Jahr 2050 im Vergleich zu 1990 wird in diesem Szenario klar verfehlt: Bis 2050 können die CO2-Emissionen bestenfalls um 60 Prozent reduziert werden. Das zweite Szenario rechnet mit einer breiten Elektrifizierung in Industrie, Gebäuden und Verkehr und führt zu einer deutlichen Zunahme der Stromnachfrage. Hier können die CO2-Emissionen um bis zu 90 Prozent reduziert werden.

Das dritte Szenario lässt einen breiten Mix an Technologien zu. Im Vergleich zum Elektrifizierungsszenario führt dieses Technologiemixszenario zu einem höheren Anteil an gasförmigen und flüssigen Brenn- und Kraftstoffen, die mit Hilfe von erneuerbaren Energien synthetisch erzeugt und hauptsächlich importiert werden. Es ermöglicht ebenfalls eine Reduktion der CO2-Emissionen um 90 Prozent. Zusätzlich bietet es mehrere Vorteile: Es nutzt bestehende und zukünftig notwendige Infrastrukturen besser aus und vereint die Vorteile verschiedener Infrastrukturen zu einem integrierten Energiesystem. Die Kosten für die Umstellung von Anlagen und Systemen auf klimafreundliche Energieträger sind niedriger, weil in den verschiedenen Anwendungsbereichen die jeweils wirtschaftlichsten Technologien zum Zug kommen können. Ein Technologiemix verringert zudem den Bedarf für den Ausbau des Stromnetzes, vor allem auf Verteilnetzebene. Schließlich lässt sich die Versorgungssicherheit leichter gewährleisten, weil mehr speicherbare Energieträger vorhanden sind.

Hohe Grundvoraussetzungen: mehr Energieeffizienz, mehr erneuerbare Energien, mehr Netze

Einige Trends ziehen sich durch alle Szenarien der dena-Leitstudie: Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss auf sehr hohem Niveau fortgesetzt und die Energieeffizienz in Haushalten, Industrie, Gewerbe und Verkehr deutlich gesteigert werden. Es bedarf eines erheblichen Ausbaus der Infrastruktur, insbesondere im Stromnetz. Die Anstrengungen in Forschung und Entwicklung müssen verstärkt werden, um Innovationen anzustoßen und zügig in den Markt zu bringen. Dies gilt insbesondere für diejenigen industriellen Prozesse, für die nach heutigem Stand der Technik keine klimafreundliche Alternative existiert.

Deutschland wird in jedem Fall darauf angewiesen sein, sich eng mit anderen Ländern auszutauschen: sei es, um Schwankungen im Netz auszugleichen oder klimafreundliche Energieträger zu importieren; sei es, um die Entwicklung der notwendigen Energiewende-Technologien voranzutreiben oder internationale Vereinbarungen zur CO2-Vermeidung für energieintensive Branchen oder Anwendungsbereiche zu erzielen. Angesichts der großen und vielschichtigen Veränderungen, die die Energiewende mit sich bringt, wird der Erfolg schließlich maßgeblich davon abhängen, dass die Gesellschaft von den Chancen und Vorteilen dauerhaft überzeugt ist.