PARTIZIPATION VON FRAUEN

Female Empowerment in Osteuropa und Zentralasien: dena-Studie untersucht die Rolle von Frauen in der Energiewelt

14.12.2021 - Der konventionelle Energiesektor als überwiegend technisch orientierter Wirtschaftszweig wird von Geschlechtsungleichheiten geprägt. Die dena-Studie „Rolle von Frauen in der Energiewelt. Female Empowerment in Osteuropa und Zentralasien“ gibt erstmals einen Überblick über die wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ausgewählter Partnerländer in Zentralasien und Osteuropa, welche sich auf die Partizipation von Frauen im Energiesektor auswirken. Sie dient als Basis dafür, Frauenförderung im Rahmen der Energiepartnerschaften und Energiedialoge der Bundesregierung zu intensivieren und die Rolle der Frauen bei der Energiewende und ihre Teilhabe am energiepolitischen Dialog weiter zu stärken.

Frauen sind laut einer dena-Studie im Energiesektor unterrepräsentiert.

Wie können Energie-Expertinnen und ihr Beitrag zur anstehenden gesellschaftlichen Transformation im Zuge der Ener­giewende gestärkt werden? Dieser zentralen Fragestellung widmete sich die Studie. Ziel ist es, die Position der Frauen im Energiesektor zu stärken und ihre Teilhabe an gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen zu fördern sowie sie innerhalb der Regionen sowohl untereinander als auch mit relevanten Akteuren vor Ort zu vernetzen. Von besonderer Relevanz war die Frage, inwieweit Frauen Zugang zum Energiesektor erhalten und mit welchen Herausforderungen und Hindernissen sie in diesem beruflichen Umfeld zu kämpfen haben. Die Forschung erstreckte sich auf insgesamt sechs osteuropäische und zentralasiatische Länder: Russland, Ukraine, Kasachstan, Usbekistan, Türkei und Iran, wo die dena über 100 Energie-Expertinnen aus den jeweiligen Ländern zur Rolle von Frauen im Energiesektor befragte. Die Position und Rolle der Frau wurde anhand der folgenden Faktoren analysiert: die Position auf dem Arbeitsmarkt, aktuelle politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen sowie die Existenz von Frauennetzwerken im Energiesektor.

Sektor der erneuerbaren Energien löst Chancenungleichheiten

Im Vergleich zum konventionellen Energiesektor bietet der Bereich der erneuerbaren Energien und Energieeffizienz bessere Bedingungen für die Chancengleichheit. Die Energiewende eröffnet viele Möglichkeiten, bisherige Defizite im Gleichstellungsbereich bei dieser Transformation zu überwinden und die Einbeziehung von Frauen in diesem Prozess zu unterstützen. Die Rolle der Frauen ist entscheidend für die Anpassung an die weitreichenden gesellschaftlichen Veränderungen, die mit der Energiewende und dem Klimaschutz verbunden sind. Ihre Erfahrungen und Fähigkeiten werden benötigt, um den wachsenden Bedarf an Fachkräften im Energiesektor und verwandten Bereichen zu decken. Mit einem höheren Frauenanteil steigen die Vielfalt der Expertenteams und damit die Chance, bessere und nachhaltigere Lösungen zu erarbeiten.

Karriere der Frauen erschwert

Im Laufe der Forschung wurde festgestellt, dass Frauen in allen untersuchten Ländern im Energiesektor unterrepräsentiert und mit Barrieren konfrontiert sind, die ihnen eine Karriere im Energiesektor erschweren. Dies liegt vor allem an den rechtlichen und sozialen Rahmenbedingungen sowie an traditionellen Rollenvorstellungen und Stereotypen in der Gesellschaft. Frauenorganisationen haben in den postsowjetischen Staaten eine lange Tradition und spielen eine wichtige Rolle als zivilgesellschaftliche Akteure. Ihre Aktivitäten zielen in erster Linie auf die Förderung von Einzelunternehmerinnen und Geschäftsfrauen in kleinen und mittleren Unternehmen ab. In der Ukraine, Kasachstan, Russland und der Türkei sind erst vor kurzem sektorale Frauennetzwerke im Energiesektor entstanden. In Usbekistan und Iran gibt es noch keine spezifischen Frauennetzwerke im Energiesektor.

Förderprogramme für Frauen

Allerdings treiben zahlreiche Initiativen in Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft dieses Thema voran: Energieexpertinnen, die sich für Gleichstellung am Arbeitsplatz einsetzen und zum Kulturwandel in Unternehmen beitragen, geschlechterpolitische Maßnahmen und die Verabschiedung neuer gesetzlicher Regelungen sowie zivilgesellschaftliche Förderprogramme für Frauen. Die meisten Unternehmen, die heutzutage Arbeitsplätze für Frauen in Osteuropa und Zentralasien anbieten, sind in der Öl- und Gasindustrie angesiedelt. Global betrachtet, sind aber bereits mehr Frauen in den Erneuerbare-Energien-Branchen beschäftigt als im konventionellen Energiesektor. Es ist davon auszugehen, dass auch in Osteuropa und Zentralasien neue Jobmöglichkeiten in der Erneuerbare-Energien-Industrie im Zuge der Energiewende entstehen werden. Die Ergebnisse zeigen, dass der Energiesektor mehr weibliche Vorbilder braucht um mehr Expertinnen für den Sektor zu gewinnen. Netzwerke können dazu beitragen die Sichtbarkeit weiblicher Führungskräfte zu erhöhen. Denn sie fördern Frauenkarrieren und unterstützen Expertinnen dabei, sich in der Branche zu vernetzen, ihre Erfahrungen auszutauschen und ihr Wissen zu teilen. Weiterhin können Netzwerke Mentoring-, Coaching- und Entwicklungsprogramme für Frauen umsetzen, um eine neue Generation weiblicher Führungskräfte auszubilden.

Multilaterale Vernetzung sollte gefördert werden

Auf Basis der Umfrage von 100 Expertinnen hat die Studie Handlungsempfehlungen ausgearbeitet. Es sollten Erfahrungsaustausch, bilaterale und regionale Vernetzung sowie multilaterale Vernetzung in den jeweiligen Zielländern gefördert werden. Bereits eine minimale Beteiligung von Frauen an verschiedenen Arbeitsgruppen und Aktivitäten fördert eine ausgewogenere Geschlechterverteilung und lenkt die Aufmerksamkeit der Akteure auf die Gleichstellung der Geschlechter im Rahmen der Energiewende. Ein bedeutender Ansatzpunkt liegt hier im Capacity Building und Wissenstransfer zur globalen Energiewende. Trainings und Online-Schulungen sowie Studienreisen könnten unter Festlegung einer Mindestbeteiligung von Frauen durchgeführt werden. Unter Einbeziehung deutscher und internationaler NGOs, die im Zielland tätig sind (z. B. Heinrich-Böll-Stiftung), sowie von Botschaften können Frauennetzwerke vor Ort gezielt gefördert werden. Die Entwicklung von Partnerschaften zwischen Frauennetzwerken und Organisationen trägt dazu bei, dass Frauennetzwerke als zivilgesellschaftliche Akteure ihr eigenes Netzwerk aufbauen und erweitern können. Sie begünstigen die Planung und Durchführung gemeinsamer Aktivitäten und bilden die Grundlage für die regionale und internationale Vernetzung.

Teilhabe von Frauen am energiepolitischen Dialog gestärkt

Die vom BMWi finanzierte Studie wurde am 08. Oktober in einer digitalen Veranstaltung der dena Expertinnen und Experten vorgestellt. Es zeigte sich, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Ergebnisse der Studie nicht nur bekräftigten, sondern auch ein großes Interesse an einem weiteren Austausch und der Bildung von Netzwerken bestand. Auf diese Weise hat die Studie eine gute Basis geschaffen, um die Teilhabe von Frauen am energiepolitischen Dialog weiter zu stärken.

Die Studie kann hier in deutscher, englischer, türkischer und russischer Sprache abgerufen werden.

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