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Erneuerbare Energie in Städten Osteuropas und Zentralasiens

Auch in Osteuropa und Zentralasien wird nach Lösungen für die urbane Energiewende gesucht. Es gibt Vorreiter-Städte, die sich ambitionierte Ziele setzen und sie verfolgen. So zum Beispiel die ukrainische Stadt Schytomyr, die bis 2050 vollständig auf erneuerbare Energie umsteigen will.

Weltweit wohnt mehr als die Hälfte der Menschen in urbanen Räumen. Städte sind große Energieverbraucher und folglich auch für den Ausstoß von mehr als 70 % der globalen Treibhausgase verantwortlich. Eine erfolgreiche Reduktion von Treibhausgas-Emissionen ist ohne die lokalen Energiewenden in Städten nicht möglich.

Erneuerbare Energie in Städten

Ob Windräder, Solaranlagen, Wasserkraft, Biomasse oder Geothermie – die Erzeugung erneuerbarer Energien findet überwiegend im ländlichen Raum statt. Doch das reicht nicht aus. Erneuerbare Energie soll zukünftig auch in Städten produziert werden. Die Erzeugungsanlagen brauchen allerdings Platz – und davon gibt es in Städten vergleichsweise wenig. Gut geeignet für den städtischen Raum sind daher Photovoltaik-Anlagen, da diese auf den Dachflächen installiert werden können.

Photovoltaik-Module auf einem Dach in der ukrainischen Stadt Schytomyr. Foto: www.zhitomir.info

So kann auch zur Dezentralisierung des Energiesystems beigetragen werden. Bei einem System mit vielen geographisch verteilten Erzeugungsanlagen haben lokale Wetterverhältnisse weniger Einfluss auf die Gesamtproduktion. Zusätzlich werden die Netze entlastet, wenn Erzeugung und Verbrauch in Nähe zueinander liegen.

Ukrainisches Schytomyr als Vorreiter in Osteuropa

Um über mögliche Lösungen für Städte zu diskutieren, veranstaltete die dena am 19. und 20. November 2020 mit internationalen Partnern einen digitalen Workshop zum Thema „Integration erneuerbarer Energie in urbane Energiesysteme“. Der Fokus lag auf konkreten Projekten in Osteuropa und Zentralasien.

Zum Vorzeigeprojekt der dena in der Region gehört unter anderem die im Jahr 2016 fertiggestellte Photovoltaikanlage auf dem Dach der Taschkenter Staatlichen Technischen Universität (Usbekistan) mit einer installierten Leistung von 17,4 kWp und Batteriespeicher. Zum Einsatz kamen die hocheffizienten Module des schweizerischen Unternehmens Meyer Burger.

Als Vorreiter auf dem Weg zur urbanen Energiewende in Osteuropa gilt die Stadt Schytomyr im Nordwesten der Ukraine mit mehr als 250.000 Einwohnern. Die Stadt will bis 2050 vollständig auf erneuerbare Energien umsteigen. Im Juni 2018 unterzeichnete Schytomyr ein entsprechendes Memorandum mit der internationalen Klimaschutz-Organisation 350.org.

„Die Ziele sind in der Tat sehr ambitioniert, wir stehen aber gut da“, betont Mykola Kostryzja, Leiter der Abteilung für wirtschaftliche Entwicklung in der Stadtverwaltung von Schytomyr. Zusammen mit der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung sowie mit der Unterstützung aus der Schweiz könnte bereits im Jahr 2022 das erste Biomassekraftwerk eröffnet werden. Ein weiteres ist geplant. „Biomasseabfälle haben wir genug, das macht Sinn. Unsere Agenda 2050 sieht vier solcher Kraftwerke vor“, sagt Kostryzja. Von Beginn an wird die Sektorenkopplung mitgedacht: es geht also nicht nur darum, die Stromwende zu erreichen, auch die Wärmeerzeugung und der städtische Verkehr werden in die Pläne integriert.

Die Bauarbeiten am ersten von vier geplanten Biomassekraftwerken der Stadt Schytomyr haben begonnen. Foto: Stadtverwaltung Schytomyr

Beim Umstieg auf erneuerbare Energien gibt es aber auch Rückschläge. Die Stadt Schytomyr wünscht sich einen Ausbau von Solaranlagen und sieht Möglichkeiten bei der Nutzung von kommunalen Dachflächen. Der Bau einer solchen Solaranlage gemeinsam mit slowenischen Partnern scheiterte allerdings. „Es lag am fehlenden Platz sowie an Schwierigkeiten mit der Gesetzgebung“, erklärt Kostryzja. „Dennoch ist die Solarenergie für uns neben den Biomassekraftwerken die wichtigste Säule unserer Energiewende.“

Grüner Strom für kasachische Unternehmen

Kasachstan hat sich Klimaneutralität bis zum Jahr 2060 zum Ziel gesetzt und nun ebenfalls begonnen, die Produktion und Nutzung erneuerbarer Energie zu fördern. Der Fokus liegt dabei auf kleineren Projekten. Diese werden unter anderem von der UNDP, dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen in Kasachstan, in Zusammenarbeit mit dem Energieministerium des Landes unterstützt.

Das Programm „Reduzierung der Risiken von Investitionen in erneuerbare Energiequellen“ ist auf den Zeitraum von 2018 bis 2022 angelegt. Ungefähr die Hälfte des Budgets, mehr als 4 Millionen Euro, fließt in die Förderung der Nutzung erneuerbarer Energie durch kleine und mittlere Unternehmen.

Dadurch wird etwa der Bau von Solar- und Windkraftanlagen gefördert – wie in der südlichen Millionenstadt Schymkent. Dort zeigen kleine und mittlere Unternehmen laut UNDP ein wachsendes Interesse an günstigem grünen Strom. „Wir sind hier sehr optimistisch“, sagt Jerlan Dairbekow, der zuständige Experte von UNDP. „Dieses Projekt läuft erst seit August und wir haben recht viele Anträge. Einige sind bereits bewilligt“.

Insgesamt stieg in Kasachstan die Zahl der erneuerbaren Energie-Anlagen von 178 im Jahr 2014 auf 1.507 im Jahr 2020. Dazu zählen etwa 100 Biomasse-Brennstoffkessel, die in den Städten von Nordkasachstan wie Petropawlowsk eingesetzt werden. „Die Kessel ersetzen die alten Kohleanlagen und heizen in der Regel ein bestimmtes Gebäude, zum Beispiel eine Schule. Sie amortisieren sich in bis zu fünf Jahren“, erklärt Dairbekow.  

Neben den kleinen Projekten werden auch größere Investitionsprojekte realisiert. Beispielsweise das neue 100-MW-Solarkraftwerk in Qapschaghai im Südosten, das rund 60 Millionen Euro kostete. Der Bau wurde von der nationalen Investitionsfirma Kazakh Invest organisiert.

Russland integriert Erneuerbare in Smart Cities

Russland berücksichtigt die Integration von erneuerbaren Energien in seinem Smart-City-Konzept, welches zum Staatsprogramm „Digitale Wirtschaft“ gehört. Kommunale Anlagen wie Parks oder Spielplätze sollen mit Solarenergie versorgt werden. In Moskau sind mehrere Parks bereits mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet. Auch die Moskauer Verkehrsampeln werden mit Solarenergie betrieben. Anzeigetafeln und Sicherheitskameras sollen hinzukommen. Ähnliche Vorhaben werden in St. Petersburg und in einigen sibirischen Städten realisiert.

Die Transformation der Energiesysteme in den Städten Osteuropas und Zentralasiens steht noch am Anfang, nimmt aber erkennbar Fahrt auf. Ein positives Zeichen ist, dass mit Kasachstan, Russland und der Ukraine in mehreren Ländern die Energiewende bei der Stadtentwicklung zunehmend mitgedacht wird. Über die Notwendigkeit eines Wandels herrscht länderübergreifend Einigkeit.

Autor: Denis Trubetskoy

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