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Mehr Gebäudeeffizienz für Usbekistan: dena-Studie zeigt mit Empfehlungen Lösungsmöglichkeiten auf

DEUTSCH-USBEKISCHER ENERGIEDIALOG

17.12.2021 - Um die Effizienz von Gebäuden zu steigern, hat die dena die aktuellen Rahmenbedingungen und den Markt der Baubranche in Usbekistan untersucht sowie entsprechende Empfehlungen erarbeitet. Die Studie wurde im Juli 2021 im Rahmen des Deutsch-Usbekischen Energiedialogs veröffentlicht, den die dena seit 2020 im Auftrag der Bundesregierung umsetzt. Einer der thematischen Schwerpunkte der bilateralen Kooperation ist die Energieeffizienz in Gebäuden.

Wohngebäude in Usbekistan sollen effizienter werden.

Usbekistan hat das Pariser Klimaschutzabkommen ratifiziert und sehr ambitionierte Ziele bei der Reduktion von CO2-Emissionen beschlossen. Die Steigerung der Energieeffizienz im Bausektor ist eines der zentralen Themen der Strategie für den Übergang der Republik Usbekistan zu einer „grünen“ Wirtschaft. Veralteter Wohnungsbestand, steigende Emissionen aus dem Gebäudebetrieb, beschleunigte Urbanisierungsprozesse und ungenutzte erneuerbare Energiepotenziale sind nur einige der Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt, um den Bausektor auf einen kohlenstoffarmen Weg zu bringen. Eine grundlegende Rolle sollte dabei die nationale Gesetzgebung, die Verfügbarkeit und Anwendung hochwertiger Technologien und Materialien sowie eine positive Entwicklung auf dem Markt für Finanzierungsmechanismen spielen.

Die Expertinnen und Experten der dena haben die aktuelle Situation der Baubranche in Usbekistan (Rahmenbedingungen und Markt für Bauprodukte) untersucht und entsprechende Empfehlungen erarbeitet, die im Rahmen der Studie „Steigerung der Energieeffizienz in Gebäuden. Studie zu Baunormen und Produkten in Usbekistan“ vorgestellt wurden. Hiermit möchte die dena mögliche Wege aufzeigen, um mittelfristig eine Grundlage für eine flächendeckende umfassende Sanierung von Mehrfamilienhäusern in Usbekistan zu schaffen. Dazu gehört auch die Verfügbarkeit von qualitativ hochwertigen Bauprodukten auf dem usbekischen Markt.

Mehrfamilienhäuser sind besonders energieintensiv

Die Studie hebt die besonderen Herausforderungen Usbekistans hervor: Mehrfamilienhäuser verfügen in Bezug auf Energieeffizienz über eine schlechte Qualität. Aus diesem Grund sind die Beheizung und Kühlung besonders energieintensiv. Gebäude und Anlagensysteme müssen modernisiert werden. Es gibt sowohl eine hohe Energieintensität als auch Energietarife, die für die Versorger nicht voll kostendeckend sind. Um diese Herausforderungen zu meistern, spielen unter anderem die nationale Gesetzgebung und Normierung sowie die Verfügbarkeit von hochwertigen Baustoffen für energieeffiziente Sanierung und Neubau eine große Rolle.

Um eine flächendeckende umfassende Sanierung von Mehrfamilienhäusern zu realisieren, untersuchte die Studie die gesetzlichen Vorschriften für energieeffiziente Gebäude und inwieweit diese optimiert werden können. Darauf aufbauend wurde in einem weiteren Schritt eine Aussage getroffen, welche Art der Rahmenbedingungen und Förderungen geeignet sind, um die Energieeffizienz im Gebäudebereich nachhaltig zu steigern. Bei einer Anpassung der Normen sollte eine Roadmap entstehen, welche Norm in welcher Reihenfolge entwickelt wird. Die technischen Anforderungen sollten in mehreren Pilotprojekten in der Praxis erprobt werden, um die Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit im Land nachweisen zu können.

Die Länderübergreifende Dialogplattform Urbane Energieinfrastruktur

Mit der Länderübergreifenden Dialogplattform Urbane Energieinfrastruktur in Osteuropa und Zentralasien fördert die dena die Zusammenarbeit zwischen politischen und wirtschaftlichen Akteuren in Kasachstan, Usbekistan, Belarus, Russland und der Ukraine. Deutsche Unternehmen werden von der dena bei der Markterschließung in diesen Ländern unterstützt.

Verbesserungsbedarf bei den Anforderungen der drei Wärmeschutzstufen

Die Ergebnisse zeigen, dass die spezifischen klimatischen Eigenschaften der Klimazonen Usbekistans für ein effektives energieeffizientes Bauen näher definiert werden sollten. Die Autorinnen und Autoren der Studie schlagen vor, die energetischen Anforderungen an Gebäude nach zwei Klimazonen (in Abhängigkeit von den Gradtagzahlen) festzulegen. Es wird empfohlen, die Anforderungen der drei Wärmeschutzstufen jeweils zu verbessern und deren Anwendungsbereiche folgendermaßen festzulegen:

  • Wärmeschutzstufe I als Mindestanforderung für alle öffentlichen Neubauten (Wohn- und Nichtwohngebäude),
  • Wärmeschutzstufe II für alle öffentlichen Neubauten, sowie Komplettsanierungen der öffentlichen Gebäude und als Förderstandard für private Neubauten und
  • Wärmeschutzstufe III, angelehnt an die Europäische Gebäuderichtlinie (EPBD, Energy Performance of Buildings Directive), als Zukunftsstandard NZEB (Nearly Zero Energy Buildings) mit der Pflicht für Nutzung erneuerbarer Energie.

Hierfür hat die dena ein differenziertes System von Anforderungen an die Gebäudehülle mit R-Werten und Dämmstärken vorgeschlagen. Zum Aufstellen eines umfassenden Systems mit Anforderungen an den Energiebedarf sowie der THG-Emissionen wird die Durchführung von Bilanzierungsstudien für exemplarische, häufig vorkommende Gebäudetypen unterschiedlicher Konstruktionen und Nutzungen empfohlen. Als Ergebnis dieser Studien sollten die Anforderungswerte für die Gebäudehülle, die Gebäudetechnik und die Energiewerte unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte abgeleitet werden und entsprechend der zwei Klimazonen und der drei Wärmeschutzstufen Usbekistans festgelegt werden. Auf Grundlage der Anforderungen an die Wärmedurchgangskoeffizienten ist es erforderlich, folgende Punkte mit Hilfe von Pilotberechnungen zu ermitteln: den ökonomisch optimalen Sollwert (Berechnung anhand der Realpreise und nicht anhand der Subventionen) und den höchstzulässigen Energiebedarf bei Neubau und Sanierung. Die Studie empfiehlt außerdem, mindestens zwei Luftdichtheitsprüfungen in den Bauablauf einzuplanen. Außerdem sollten die Baudetails der Wärmebrücken zum Bestandteil der Planungsunterlagen werden. Generell sollte ein System aufgebaut werden, um die Einhaltung der Anforderungen kontrollieren zu können.

Die Haustechnik im Fokus

Zudem muss die Haustechnik effizienter werden und durch sauberere Verbrennungsprozesse und Filteranlagen dazu beitragen, die Schadstoffemissionen zu senken. Die Regeln für die Planung von Heizungs-, Lüftungs- und Warmwasserversorgungssystemen sollten die Verfügbarkeit erneuerbarer Energien berücksichtigen. Die in den usbekischen Normen bereits enthaltenen Empfehlungen energieeffizienter Maßnahmen für die technische Gebäudeausrüstung und den Einsatz von erneuerbaren Energien sollten verpflichtend gestaltet und genauer definiert werden. Hierzu gehören Anforderungen wie die Ausführung von neu installierten Wärmeerzeugern mindestens als Brennwertkessel und eine anteilige Deckung der Wärme durch erneuerbare Energien – beispielsweise durch Nutzung von Solarthermie, Wärmepumpen oder Biomasse. Die Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien könnte über finanzielle Fördermöglichkeiten erreicht werden. Die Mindestanforderungen an die Nutzung von erneuerbaren Energien in Gebäuden sollte im Bereich von 5 bis 10 %, bei öffentlichen Gebäuden 25 % und im Zukunftsstandard NZEB bei 50 % des Endenergiebedarfs liegen.

Neue Heizungsanlagen sollten generell als Zweirohrsystem ausgeführt werden. Wärmeverteilleitungen einschließlich der Armaturen und Verbindungsstücke sollten in unbeheizten Räumen (Trinkwarmwasserleitungen und Zirkulationsleitungen auch in beheizten Räumen) mit einer ausreichenden lückenlosen Dämmung versehen werden. Kälteleitungen sollten sowohl gegen Schwitzwasser als auch gegen Wärmeaufnahme gedämmt werden. Es wird empfohlen, neu zu installierende Trinkwarmwasser-Zirkulationssysteme verpflichtend mit energieeffizienten Zirkulationspumpen auszustatten. Moderne außentemperatur- und zeitgesteuerte Wärmeübergabestationen in indirekter Anschlussweise sollten grundsätzlich für den Neubau verpflichtend sein. Dabei sollten hocheffiziente regelbare Umwälzpumpen zum Einsatz kommen. Offene Systeme der Trinkwarmwasserversorgung, welche direkt mit Heizwasser versorgt werden, sollten nicht mehr zugelassen werden. Außerdem wird empfohlen, die Installation einer raumweisen Regelung der Raumtemperatur für alle Wohnungen als Mindestanforderung verpflichtend zu gestalten, ebenso wie den hydraulischen Abgleich für Neuanlagen. Neben Wasser-  und Stromzählern sollte in allen Wohnungen auch die Installation von Messgeräten für die Wärmeverbrauchserfassung obligatorisch werden. Hier könnten beispielsweise die Wärmeversorger in die Pflicht genommen werden. Für neu installierte Lüftungsgeräte sollte eine Wärmerückgewinnung verpflichtend sein.

Raumlufttemperatur und Glühlampen berücksichtigen

Die Anforderungen an die Raumlufttemperatur sollte entsprechend der Norm ISO 7790 als verbindlich eingeführt werden. Außerdem sollten die Grenzwerte der zulässigen relativen Luftfeuchtigkeit in Innenräumen angepasst werden. Grundsätzlich sollten alle alten Glühlampen gegen LED-Leuchtmittel ausgetauscht werden. In großen Räumen von Nichtwohngebäuden sollten die Lichtquellen nahe der Fensterfront getrennt von denen im hinteren Raumbereich gesteuert werden. In Treppenräumen und Fluren wird der nutzungsabhängige Einsatz von Tageslicht-/Präsenzsteuerung empfohlen.

Bestandsgebäude müssen nachrüsten

Des Weiteren werden Empfehlungen zu Nachrüstpflichten bei Bestandsgebäuden gegeben, wie die nachträgliche Dämmung der obersten Geschossdecke und der Rohrleitungen, die Installation einer raumweisen Temperaturregelung und die Ausstattung der Gebäude mit Zählern für die Energiemessung. Bei einer umfassenden Dämmung der thermischen Hülle sollte eine Modernisierung der Wärmeübergabestation erfolgen.

Die Energiebilanzierung muss moderner werden

Für Usbekistan sollte eine möglichst einfache und übersichtliche Energiebilanzierungsmethode mit der dazugehörigen Software als Nachweisverfahren für die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen sowie von Förderstandards entwickelt werden. Ebenso wird die Einteilung der Gebäude in Effizienzklassen nach errechnetem Endenergiebedarf und die Darstellung in Form einer farbigen Skala empfohlen. Solare Gewinne durch Fenster sollten in die Energiebilanz einbezogen werden. Zur Vorbeugung von Übertemperaturen und zur Senkung des Kühlungsbedarfes im Sommer empfiehlt die Studie passive Sonnenschutzmaßnahmen ohne Klimaanlage oder andere energieverbrauchende Technik. Das Berechnungsverfahren für den Energiebedarf sollte die Erzeugung und Verteilung der Wärme berücksichtigen.

Baumaterialien von der einheimischen Industrie

Ein weiterer wichtiger Punkt zum Erfolg von langfristigen Effizienzstrategien ist der Aufbau eines Systems von im ganzen Land verfügbaren qualitativ hochwertigen Bauprodukten, um die praktische Umsetzung der vorgeschlagenen Empfehlungen zu gewährleisten. Da die Preise importierter Produkte oft hoch sind, ist es erstrebenswert die einheimische Industrie anzuregen, ihr Produktportfolio zu erweitern. Darüber hinaus können aber auch Importe belebt werden, wobei es wichtig wäre, vorhandene Zugangsbarrieren zum Markt, wie hohe Zoll- und Zertifizierungskosten, abzubauen. Weiterhin wären Kooperationen usbekischer und ausländischer Unternehmen denkbar, um die Erfahrungen der Hersteller zu nutzen.

Zusammenfassend führt die Studie konkrete Empfehlungen an und gibt darüber hinaus neben einem Vergleich usbekischer und deutscher Normen einen Überblick über usbekische Normen und Gesetze zu Bauausführung, erneuerbaren Energien und Energieeffizienz in den Gebäuden. Die Studie schafft somit die Grundlage, um mittelfristig die Gebäudeeffizienz in Usbekistan zu steigern.

Template: Download

Die Studie kann hier abgerufen werden:

Steigerung der Energieeffizienz in Gebäuden

Steigerung der Energieeffizienz in Gebäuden

Studie zu Baunormen und Bauprodukten

Bild: shutterstock/Ivan Smuk